Austria String Trio
Benjamin Schmid – Violine
Florian Eggner – Violoncello
Wolfgang Muthspiel – Gitarre, Gesang
Überschäumender Tiefgang
……. so begann der Abend vor der Pause und wurde genauso vom Austria String Trio fortgesetzt.
Als Eröffnung des Trios zunächst einmal ein Canon im fünfviertel Takt, von Muthspiel komponiert. Da konnte man sich schon mal langsam mit dieser ungewöhnlichen Besetzung von Violine, Cello und E-Gitarre vertraut machen. Was auf den ersten Blick wie ein Streicher Trio anmutete, entpuppte sich ziemlich schnell zu einer Jazzformation, die es in sich hatte. Es gab keine Spieltechnik, die nicht eingesetzt worden wäre. Alle nur denkbaren (und undenkbaren) Möglichkeiten der Instrumente wurden ausgefahren. Das rhythmische Spektrum schien grenzenlos, die kreativen Ideen, gepaart mit einer exzessiven Spielfreude waren scheinbar überschwänglich. Schnell wurde klar, warum Benjamin Schmid 2015 den Preis der Deutschen Schallplattenkritik als bester Jazz und Klassikviolinist erhalten hatte. Diese Kombination ist selten und in der Person Schmids eher einmalig. Hier einige Beispiele aus dem 70 min. Programm des Austria String Trios:
Die Komposition von Muthspiel „South Bound“, in der es auch Gesang von ihm gab, entführte in der Tat in südstaatliche Gefilde, mit einem Schuss Irish Folk. Meisterliche Jazzmodulationen gingen aber weit darüber hinaus. Dass ein Cello mehr kann, als nur das übliche „basso continuo“ wurde in der Ballade „Austria“ deutlich. Gezupft in Kontrabassmanier führte Eggner die Basslinien, die durch Einwürfe der Violine gewürzt wurden. Die sanfte Stimme und die zauberhaften Gitarrensolis machten diese Nummer zum Genuss. Doch es kam noch besser! Der Kanon in Bachstilistik, eine Idee von Schmid, zeigte ein komplexes musikalisches Räderwerk im siebenviertel Takt. Fugal und mantramäßig zugleich spielten ostinate Sequenzen wechselseitig und ließen Raum für fantastische Improvisationen, die dann tangoartig ausklangen. Interessant auch die Hommage an Michael Jackson „Jackson Pocket“. Kurze, abgehackte Riffs, leicht abstrakt, werden vom Funk durchdrungen. Ein Zerrbild von den musikalischen Jacksonelementen entsteht, das von Picasso sein könnte. Schmid schlägt die Geige wie eine Gitarre, bringt Slides und allerlei interessante Effekte ins Spiel, um wieder von fetzenden Riffs eingefangen zu werden. Die ganze etwas zickige Exaktheit von Jackson kommt zum Vorschein. Der Lieblingskomponist (außer Max Reger) von Schmid ist Kurt Weill. Deshalb hat er das Stück „Youkali“ von ihm neu arrangiert. Das ursprüngliche Werk aus dem Jahre 1934 ist eigentlich ein Tango Habanera. Auch bei dem Arrangement von Schmid kommt der Tango, die Kaffeehaus Atmosphäre gespickt mit kleinen Absurditäten, deutlich heraus. Er spielt hier mit Effektgeräten, zaubert extreme Glissandos und plötzliche Höhen, die mit einem massiven Pizzicato enden. Der große Beifall dafür war eindeutig.
Das anschließende Gitarrensolo von Muthspiel entführte in die Spanische Romantik. Obwohl jazzige Akkordfolgen, dennoch unglaublich sensibel und einschmeichelnd. Die Elemente aus bekannten Pop Balladen, so meinte man jedenfalls zu hören, flossen reibungslos in jazzige Modulation ein, und waren eine traumtreibende Vorbereitung auf das nächste Stück. Die Bearbeitung von Schmid, vom Cis-moll Präludium von Bach war das ideale Stück für eine Vollmondnacht, da der Ton cis dem Mond entspricht. Es ist auch die Tonart der „Mondschein Sonate“ von Beethoven. Die ruhige Harmoniefolge beflügelte Schmid zu einer Improvisation über dieses Bachthema, das in der Tat abheben ließ. Unterstützt durch Hall und Delayeffekt wurde eine enorme Räumlichkeit des Geigenspiels erzeugt, die eine gewisse Verklärung nach sich zog, wahrscheinlich ganz im Sinne von Bach. Die räumliche Weite des geradezu sehnsüchtigen Geigenspiels von Schmid, das sensible Cello von Eggner und die hingebungsvollen Gitarrenriffs von Muthspiel erzeugten eine friedvolle Stimmung, wie sie einer Vollmondnacht würdig ist. Der frenetische Applaus führte schließlich zu zwei kraftvollen und energiegeladenen Zugaben.
Ostinate Rockelemente mit pentatonischen Solis, eine percussive Spieltechnik auf dem Cello, das Schlagzeug und Bass in einem spielte, machte auch zum Abschluss dieses wunderbaren Abends das hohe Niveau und die meisterhafte Kreativität des Austria String Trio noch einmal deutlich.
Jürgen Blasinski